"Von allem anders": Grönemeyer bricht seine Regeln
Herbert Grönemeyer, Deutschlands wohl markanteste Stimme mit Ruhrpott-Charme, kehrt 30 Jahre nach seinem ersten "MTV Unplugged" mit einem zweiten akustischen Werk zurück – und wie so oft macht er die Regeln lieber gleich selbst. "Unplugged 2 – Von allem anders" heißt das neue Album, und schon der Titel ist Programm: akustisch, ja – aber diesmal nicht einfach nur live und reduziert, sondern ambitioniert, opulent und voller kreativer Umwege. Statt bloßer Wiederholung vergangener Erfolge bringt Grönemeyer 23 Songs in neuem Gewand – darunter Stücke der letzten Jahrzehnte, eine brandneue Ballade namens „Flieg“ und sogar eine Chor-Version des Klassikers „Flugzeuge im Bauch“. Ja, richtig gelesen: Der Song von 1984 hat’s aufs Album geschafft, trotz Grönemeyers ursprünglicher Regel, nur jüngere Lieder zu berücksichtigen. Aber wer will’s ihm verübeln? Statt Gitarren-Zupfer-Romantik à la Lagerfeuer setzt das Album auf orchestrale Breite: Der 64-köpfige Berliner Rundfunkchor hebt „Flugzeuge im Bauch“ auf ein neues emotionales Level, unterstützt von einer hochkarätigen Instrumental-Besetzung – von Streichern bis Percussion. Grönemeyer selbst bezeichnet die Zusammenarbeit mit dem Chor als das Herz des Albums. Und weil er nun mal nicht gerne stillsteht, hat er für dieses Projekt nicht nur langjährige Weggefährten wie Produzent Alex Silva und seine Stammband versammelt, sondern auch neue Stimmen wie Lea, Peter Fox, Balbina und Berkan eingebunden. Sogar Christoph Kramer, Weltmeister und Hobbymusiker, durfte mitklatschen. Klingt wild? Ist es auch – aber eben auf die gute Art. Die Aufnahmen, über ein Jahr verteilt und an Orten wie den Hansa-Studios oder dem RBB-Rundfunksaal realisiert, spiegeln Grönemeyers Anspruch wider, jeder Nummer eine neue Tiefe zu verleihen. Ob melancholisch, tanzbar oder schlicht intensiv – die Songs entfalten unplugged eine Kraft, die so nicht im Radio zu hören war. Und wer das Glück hatte, eines der Herbstkonzerte 2025 zu erleben, weiß: Diese Versionen der Lieder atmen, leben – und klingen anders. Von allem ein bisschen, vor allem aber: von allem anders. Grönemeyer eben.