50 Years Of Phaedra: At The Barbican

Vor 50 Jahren erschien ein Album, das nicht weniger als ein neues Kapitel in der Geschichte der elektronischen Musik aufschlug: Phaedra. Was 1974 als gewagtes Experiment in Richard Bransons Manor Studios begann, wurde zum Meilenstein. Tangerine Dream – damals Edgar Froese, Christopher Franke und Peter Baumann – nutzten erstmals den Moog-Sequenzer und erschufen Klangwelten, die nicht nur fremd und geheimnisvoll klangen, sondern auch ein völlig neues Gefühl von musikalischer Freiheit vermittelten. Nun kehrt die Band, in heutiger Besetzung mit Thorsten Quaeschning, Hoshiko Yamane und Paul Frick, zurück auf die Bühne – mit einem Gedenkkonzert im ehrwürdigen Londoner Barbican. 50 Years of Phaedra: At The Barbican ist mehr als nur eine nostalgische Reminiszenz – es ist eine technisch verfeinerte Hommage an ein Stück Musikgeschichte.

Dabei gelingt den heutigen Tangerine Dream das Kunststück, den ursprünglichen Spirit zu bewahren und zugleich neue Dimensionen zu erschließen. Ein zentrales Merkmal des Originals war seine spontane, fast fehlerhafte Natur – das legendäre „Driften“ der analogen Sequenzen, das dem Album seinen fast organischen Puls verlieh. Nun, fünf Jahrzehnte später, wird Phaedra zum ersten Mal vollständig quantisiert aufgeführt. Jedes Klangmuster sitzt, jedes Motiv ist klar konturiert – und doch bleibt der Zauber erhalten. Es ist, als ob das Werk zum ersten Mal vollständig zu sich selbst findet, ohne die Unwägbarkeiten der damaligen Technik. Die einst ungreifbare Vision von Edgar Froese bekommt eine neue, kristallklare Gestalt – und bleibt dabei erstaunlich lebendig.

Tangerine Dream sind längst mehr als eine Band – sie sind eine musikalische Institution. Seit 1967 prägen sie die elektronische Musik wie kaum eine andere Formation, ob im Studio, auf der Bühne oder im Kino. Phaedra war ihr großes Wagnis – und wurde zu ihrem größten Vermächtnis. Dass dieses Werk 2024 in neuer Form auflebt, zeigt: Der Geist der Entdeckung, der einst durch Moogs und Mellotrons wehte, lebt weiter. Und wer heute im Barbican sitzt, hört nicht nur die Zukunft von damals – sondern auch ein Stück Gegenwart, das seinen Ursprung in der Vision eines Berliner Studios nahm und nun in kristalliner Perfektion durch den Konzertsaal schwebt.