„Billige Plätze“ deckt Ungleichheit in der Musik auf
Jedes Jahr tanzen Millionen Menschen im Festivalrausch. Was nach Freiheit und Vielfalt aussieht, ist auf den zweiten Blick oft überraschend einseitig: Die Acts auf den Bühnen – mehrheitlich männlich. Auch 2025 dominiert das gleiche Bild. „Billige Plätze“ von Rike van Kleef legt den Finger in diese klaffende Wunde und fragt: Warum ist es in einer so progressiv scheinenden Branche noch immer ein Kraftakt, als FLINTA*-Künstler:in (FLINTA* ist ein Akronym für Frauen, Lesben, Intergeschlechtliche, Nicht-binäre, Trans*- und Agender-Personen) sichtbar zu werden? Van Kleef nimmt kein Blatt vor den Mund, sondern liefert eine fundierte Analyse des Ungleichgewichts in der deutschen Musiklandschaft – klar, engagiert und mit einem Blick für die Zwischentöne.Ihr Buch "Billige Plätze: Gender, Macht und Diskriminierung in der Musikbranche" ist mehr als ein Aufschrei – es ist eine präzise Bestandsaufnahme. Mit Interviews, Erfahrungsberichten und viel Hintergrundwissen beleuchtet sie die Mechanismen, die FLINTA*-Personen ausbremsen: ungleiche Gagen, stereotype Erwartungshaltungen, fehlende Sichtbarkeit, männlich dominierte Entscheidungspositionen. Besonders deutlich wird: Es hapert nicht am Talent, sondern an Strukturen, die Vielfalt eher behindern als fördern. Van Kleef spricht mit Booker:innen, Festivalmacher:innen und Künstler:innen – und lässt dabei auch Widersprüche und Dilemmata zu, ohne ins Schwarz-Weiß-Denken zu verfallen.
Das Besondere an „Billige Plätze“: Es bleibt nicht bei der Kritik. Das Buch liefert konstruktive Impulse für mehr Geschlechtergerechtigkeit auf und hinter den Bühnen. Es zeigt Wege, wie Line-ups fairer, Bühnen sicherer und Machtverhältnisse durchlässiger werden könnten. Van Kleef gibt Denkanstöße für eine Branche, die sich gern als weltoffen präsentiert – und genau dort auch ansetzen muss. Eine Pflichtlektüre für alle, die Festivals nicht nur feiern, sondern auch verstehen wollen.