Buchtipp: Schlager der 70er: Spaß muss sein erzählt neu
Im Bademantel auf der Couch, frisch geföhnt und mit Knabberzeug in Reichweite – so sah der Samstagabend bei Millionen Bundesbürgern aus. Die ZDF-Hitparade war ein festes Ritual und der Soundtrack eines Landes im Wandel. Mit Interviews von Szenegrößen wie Christian Anders, Michael Holm, Graham Bonney, Cindy Berger oder Frank Farian gelingt Esch das Kunststück, Nostalgie zu wecken, ohne verklärt zu verklären. Denn neben Glitzer und Gassenhauern erzählt Spaß muss sein auch viel über die BRD jener Jahre: über Zeitgeist, Zeitvertreib und über eine Gesellschaft, die sich zwischen Wirtschaftswunder und Weltflucht im Disco-Rhythmus verlor.
Die Oral History liest sich wie ein gut sortierter Partykeller der Erinnerungen: mal schrill, mal rührend, immer authentisch. Rudi Esch gibt den Stimmen von einst den Raum, den sie verdienen, und zeichnet gleichzeitig ein überraschend vielschichtiges Bild der westdeutschen Popkultur – mit besonderem Fokus auf das geteilte Berlin als heimliche Schlagerhochburg. Spaß muss sein ist keine trockene Musikdoku, sondern ein lebendiges Kaleidoskop eines Jahrzehnts, das gern mal über die Stränge schlug – modisch, musikalisch und gesellschaftlich. Oder, wie man damals sagte: Hossa!
Autor: Rudi Esch